Autor: Lars

  • „Blutforst“ – Ein Horror-Rollenspiel-Framework

    „Blutforst“ – Ein Horror-Rollenspiel-Framework

    Es begab sich am 31.10.2022, dass ich mich mit vier Freund*innen im Plenumsraum des AStA der Uni Münster zusammenfand, um sie dort erst in die 1980er Jahre zu schicken, in amerikanische Teenager zu verwandeln, sie in einer alten Hütte im Wald einzuquartieren und schließlich umzubringen. Das war die erste Runde „Blutforst“ die jemals gespielt wurde. Damals hatte das Spiel aber noch keinen Namen. Schon damals gab es aber die fünf Charakterkarten, die das Spiel besonders machen. „Blutforst“ ist leicht zu lernen, kann flexibel abgewandelt und seine Settings für andere Rollenpielsysteme verwendet werden.

    Mittlerweile ist aus dem netten Spielchen, das ich eigentlich nur für einen Halloween-Abend gebastelt hatte, ein kleines Horror-Rollenspiel-Framework entstanden. Die Spieler*innen schnappen sich je eine Charakterkarte und entwickeln binnen 10-20 Minuten aus der allgemeinen Beschreibung ihres Archetypen einen Charakter, der auf das jeweilige Setting zugeschnitten ist. Im Falle der ersten Session, in der die Spieler*innen High School-Schüler*innen spielten, wurde Der Athlet zu einem Football-Spieler, Die Gelehrte zu einer Streberin, Der Narr zu einem Kiffer, Der Sünder zu einem promiskuitiven Mädchenschwarm und die Jungfrau zu einem schüchternen Mauerblümchen. Auf diese stereotypen Figuren, die von Slasher-Filmen des späten 20. Jahrhunderts inspiriert sind, habe ich dann einen Veteranen des amerikanischen Bürgerkriegs losgelassen, der mithilfe okkulter Rituale nicht nur sein eigenes Leben unnatürlich verlängert hat, sondern auch Frau und Kinder von den Toten auferstehen lassen wollte. Pech, dass er dazu die Seelen der fünf Archetypen und damit unserer Teenager brauchte. Zumindest für die Teenager.

    Zu den fünf Charakterkarten gesellten sich in einer späteren Version sieben Schicksalskarten, mit denen das Spiel um eine Social-Deduction-Mechanik ergänzt wird. Sowas kennt man zum Beispiel aus „Die Werwölfe von Düsterwald“. Die Charaktere bekommen damit eine zusätzliche Funktion für die Handlung, die aber nicht immer allen Spieler*innen bekannt sein muss. Während der Football-Spieler und der Mädchenschwarm ineinander verliebt sind, das Mauerblümchen schreckliche Visionen von Menschenopfern hat und der Kiffer Heilkräfte an sich entdeckt, arbeitet die Streberin insgeheim mit dem Bürgerkriegsveteran zusammen und trachtet ihren Freund*innen nach dem Leben. Die Karten sind mit Grafiken illustriert, die Pamela Colman Smith für das Waite-Smith-Tarot-Deck gezeichnet hat. Ich habe sie in Affinity Designer nachbearbeitet.

    Das alles lässt sich relativ leicht auf jedes andere klassische Horror-Genre ummünzen. Statt Teenager in einem Wald spielt die Gruppe womöglich die Crew eines Raumschiffes mit einem ausgebüxten Gehirnparasiten an Board oder sie werden im 16. Jahrhundert als englische Kolonialist*innen auf einer nordamerikanischen Insel von einem Vampir aus ihrer Mitte heimgesucht.

    Das Cover des Zines "Blutforst": Auf zartrosa Hintergrund liegt eine alte Tarot-Karte. In ihrem Zentrum befindet sich ein roter Kreis mit okkulten Symbolen und einem Unendlichkeitssymbol. Entlang eines zweiten, inneren Kreises steht: Blutforst. Verschiedene Figuren sind um den Kreis vor stilisierten Wolken gezeichnet. Oben links: Ein Engel mit Buch. Oben auf dem roten Kreis: Eine Sphinx mit Schwert. Oben rechts: Ein Vogel mit Buch. Mittig links vom Kreis: Eine Schlange, schräg rechts unter dem Kreis: Eine Gestalt mit Hörnern. Links unten: Ein lesender Ochse mit Flügeln. Rechts unten: Ein lesender Löwe mit Flügeln. Unter der Abbildung steht in einem Kasten: Ein Rollenspiel von Lars Engelmann.

    Voraussichtlich Ende Juli oder Anfang August erscheint „Blutforst“ als schlankes Zine, das ich von Hand gedruckt, geheftet und gefaltet habe. Das Heft enthält die Grundregeln des Spiels, allgemeine Strategien für die Umsetzung von Horror im Rollenspiel, einige Hinweise zur Erstellung eigener Szenarios, sowie drei Szenarios mit vielen Ideen zu ihrer Ausgestaltung. In der Mitte des gedruckten Zines befinden sich die zwölf Spielkarten auf festem Papier zum Heraustrennen und Ausschneiden. Zunächst werden 25 Exemplare bei System Matters als Teil ihres Zine-Wettberwerbs verkauft werden. Der Erlös aus den Verkäufen dort wird an das Mädchenzentrum Gelsenkirchen, RosaLinde Leipzig und Sternenzelt Oberhausen gehen.

    Anschließend werden weitere 20 Exemplare von mir verkauft. Für jedes dieser Hefte, das ich loswerde, spende ich 6,66€ an die Westdeutsche Bibliothek der Hörmedien für blinde, seh- und lesebehinderte Menschen. Danach geht dann auch eine PDF-Version von „Blutforst“ online.

    Ich habe „Blutforst“ auch deshalb in ein Zine gegossen, um zu lernen. Deshalb möchte ich alle Leser*innen und Spieler*innen dazu ermuntern, mir nach der Veröffentlichung Feedback zu den Regeln, zum Spiel und zum Zine zu schicken. Das geht zum Beispiel auf Bluesky, hier in den Kommentaren oder per Mail an banane@herrvonspeck.de.

    „Blutforst“ wurde ohne den Einsatz von LLM (vulgo: „generative KI“) erstellt.